Seit gestern habe ich Gewissheit. Nachdem seit Wochen auf meiner Strecke tote Hose herrscht, vierblätterige Kleeblätter öfter zu finden sind als Mitfahrer, telefonierte ich mit anderen Fahrern, die die gleiche oder ähnliche Strecke fahren wie ich. Auch dort war der Tenor derselbe. Es geht dabei um die Strecke Berlin, Magdeburg, Braunschweig, Göttingen, verbunden mit der Bahnverbindung nach Kassel und Marburg. Selbige natürlich auch wieder retour.
Als Ergebnis meiner Telefonate darf ich leider sagen, dass im Schnitt bei allen Befragten die Anzahl der Mitfahrer um 80% bis 90% zurückgegangen ist. Und diese, obwohl viele auf 6 bis 9 Portalen ihre Fahrt anbieten. Der Grund dafür ist nicht alleine bei der Mitfahrgelegenheit und deren Abzocke zu finden, sondern liegt vielmehr darin begründet, dass ausgerechnet ein Portal, was einst für Mitfahrten gedacht war, den Fernbusverkehr bis ans Limit promotet. Wohl dem, der noch eine Strecke fährt, die nicht mittelbar an das Liniennetz gekoppelt ist und somit noch genug Mitfahrer findet.
Wie ich aus den Gesprächen entnahm, ist die Mehrheit ehemaliger Mitfahrer von den Bussen auch begeistert. Die Preise seien teilweise günstiger als bei herkömmlichen Mitfahrten und das fast alle Busse über eine Toilette verfügten, fielen die Pinkelpausen auch weg, sodass man im Prinzip fast genauso schnell am gewünschten Ort sei. Ferner gäbe es Getränke und Wlan, man träfe auch Bekannte aus der Uni oder von der Arbeit und die Stimmung sei angenehm.
Tja, vielleicht würde ich es genauso machen, wenn ich nicht an beiden Orten ein Auto bräuchte. Aber diese Erkenntnis hilft mir auch nicht weiter und ich frage mich, wie die Busse das schaffen? Da meinte doch glatt ein ehemaliger Mitfahrer eines Leidensgenossen, der Bus würde nur 3,5 bis 4 Std. brauchen und das sogar mit einem Zwischenstopp in Braunschweig.
Nun ist Berlin ja groß und, was mich immer bei Google-Maps gestört hat, sind die Entfernungen doch recht schwankend, je nachdem ob man Richtung Grunewald oder Mahrzahn will. Im Schnitt ist man aber bei der Strecke Berlin – Göttingen mit 350 km gut bemessen.
Zu meiner Zeit, als ich noch für eine Unterhaltungsagentur arbeitete, bin ich die Strecke auch schon mal mit einem Lkw oder Transporter nebst Anhänger gefahren. Und selbst wenn letzteres Gespann eine 100 km/h Zulassung hatte und man auch mal 110 fuhr, brauchte man aufgrund Baustellen, Verkehrsaufkommen, Stadtverkehr etc. meist länger als 4 Stunden. Also wie soll das bitte bei den Fernbussen gehen? Und das sogar mit einem oder zwei Zwischenstopps!
Nun, die Frage ändert wohl nichts an der immer größer werdenden Beliebtheit dieser Busse. Aber ich muss mir Gedanken machen, ehe mein Dispokredit für Spritkosten drauf gegangen ist. Also schaue ich, was ich meinen Mitfahrern anbieten kann. Obwohl der Spritpreis im Vergleich zu meiner Anfangszeit als Mitnehmer vor 13 Jahren um über 50% gestiegen ist (ja ich habe den Beleg, wo ich für den Liter 1,92 DM bezahlt habe, immer noch), habe ich kürzlich meinen Fahrpreis von 20,- € auf 18,- € korrigiert und werde es wohl nochmals tun müssen.
Ohne sich großartig abhetzen zu müssen, schaffe ich die Strecke, inkl. einer guten Pause in 2 Std. 45 Minuten. Okay, wenn die A2 mal wieder einer Vollsperrung unterliegt, die Elbbrücke bei Magdeburg ist ja so ein Nadelöhr, dann natürlich nicht.
Mein aktuelles Auto verfügt über 7 gleichgroße Einzelsitze mit Schlafstellung und kl. Tischchen. Klimaanlage ist an sich heute auch kein Thema mehr, ferner reiche ich Freigetränke wie Bier, Rot- oder Weißwein und diversen Softdrinks und auch Rauchen ist erlaubt, sofern die Fenster geöffnet sind und andere Gäste sich nicht belästigt fühlen.
Ich wähle Treff- und Absetzpunkte immer so aus, dass sie sowohl für die Mitfahrer als auch für mich gut zu erreichen sind und das meine Gäste im Trockenen stehen können, falls sie einmal vor mir da sind.
Sofern es meine Zeit erlaubt und der Umweg sich in Grenzen hält, fahre ich meine Gäste auch gerne mal ein Stück weiter, wenn sie viel Gepäck haben. Grundsätzlich können sie überall auf der Strecke zu- und aussteigen, was bei Bus z.B. auch nicht geht. Und dennoch – all dies scheint nichts zu nutzen. Die Leute fehlen – nicht nur bei mir. Was also tun?
Heute ist wieder mein Reisetag und obwohl ich bei Mitfahrzentrale, Mitfahrgelegenheit, Fahrgemeinschaft, Drive2day, Mifaz, Bessermitfahren, Blablacar, Flinc usw. verzeichnet bin, kam nicht eine einzige Anfrage.
Es wäre mein Wunsch, wenn sich zunächst einige der alternativen Portale zusammentun würden, jedenfalls was die Datenbank angeht. Ferner werde ich nochmals meine Preise, obwohl es eigentlich nicht gerechtfertigt wäre, nach unten korrigieren, getreu dem Motto: Lieber die Hälfte als nichts.
Sicherlich ist der Krieg der Busse längst ausgebrochen. Doch blöder weise stecken Fahrer mit solchen Routen wie meine leider ungewollt mitten drin. Ich muss also versuchen wieder einige Gäste zurück zu erobern. Und das geht wohl nur über den Preis. Denn was sollte ich denn sonst noch anbieten? Mittlerweile habe auch ich schon die Option auf Wlan während der Fahrt.
Ich möchte hiermit eine Einladung zum Beförderungskrieg aussprechen. Auch wenn es weh tut, aber dort, wo nichts mehr geht, senkt eure Preise, bietet den Bussen Paroli. Schöner Nebeneffekt: Die schwarzen Schafe der Kleinbusmafia, über die so oft gestritten wird, müssen dann auch nachziehen und es wird sich für die nicht mehr lohnen. Damit hätte sich wenigstens das Thema erledigt. Falls jemand eine bessere Idee hat, so möge er sprechen bzw. schreiben, und wenn es geht, Beeilung bitte. Mein Reiseetat es so gut wie aufgebraucht.
Grüße